Die Lohnlücke zwischen Mann und Frau ist weiterhin ein aktuelles Thema im Kampf um die Gleichberechtigung der Geschlechter: Gleiche Bezahlung, für gleiche Arbeit ist, was gefordert wird. Es handelt sich hierbei allerdings um weit mehr, denn die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen sollte eigentlich ein grundlegendes Menschenrecht darstellen.
Am 16.02.2023 urteilte das Bundesarbeitsgericht und entschied, dass Männer und Frauen einen Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher Arbeit haben. Doch trotz solcher Fortschritte ist der sogenannte Gender Pay Gap noch lange nicht Geschichte besteht immer noch – und zwar in fast allen Teilen der Welt.
Die Lohnlücke wird seit Jahren thematisiert, und doch scheint es sich um eine ewige politische Debatte zu handeln, die sich scheinbar vorwärts bewegt, aber ihr eigentliches Ziel nie erreicht. Pünktlich zum Internationalen Frauentag und dem Equal Pay Day werden Statistiken präsentiert und Fortschritte gepriesen. Trotzdem ist der Gender Pay Gap in Deutschland Realität und Frauen verdienten 2022 im Schnitt 18% weniger als Männer.
Inhalt
1. Was ist der Gender Pay Gap?
2. Warum gibt es eine Lohnlücke zwischen Mann und Frau?
3. Geschichte des Equal Pay Day
4. Lösungen zur Bekämpfung des Gender Pay Gap
5. Beispiele für Unternehmen, die die Lohnlücke "geschlossen" haben
Was ist der Gender Pay Gap?
Mit dem englischen Wort Gender Pay Gap wird der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen bezeichnet. Ein solches Lohngefälle ist nicht nur ungerecht, sondern wirkt sich negativ auf das Leben von Frauen aus: Es beeinträchtigt ihre Fähigkeit, für ihre Ausgaben aufzukommen, was zu einem niedrigeren Lebensstandard führt. Sie kann auch ihre Möglichkeiten, zu sparen und für die Zukunft zu planen, einschränken und den Spielraum für berufliche Chancen und Karriereentwicklung beeinträchtigen.
Der durchschnittliche Bruttostundenlohn für Frauen liegt nach aktuellen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes bei 20,05 Euro, während Männer im Schnitt 24,36 Euro pro Stunde verdienen. Die Differenz ist groß und Deutschland schneidet mit einem 18% Lohngefälle zwischen Mann und Frau im EU-Vergleich weit unter Durchschnitt ab, der bei 12,8% liegt.
Ein solches Lohngefälle wirkt sich auf den Zugang von Frauen zu Karrieremöglichkeiten aus und schränkt sie in ihren Möglichkeiten ein, sich weiterzuentwickeln und Führungspositionen einzunehmen.
Gleiche Bezahlung von Männern und Frauen ist aber nicht nur aus Gründen der Gerechtigkeit und Fairness wichtig, sondern auch wegen ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen. Laut Global Compact, einer von den Vereinten Nationen geleiteten Initiative, könnte die maximale Entwicklung der Lohngleichheit das globale BIP bis 2030 um 12 Billionen Dollar erhöhen. Dies könnte "erhebliche positive Auswirkungen auf die Produktivität und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Unternehmen haben und Familien und Gemeinden auf der ganzen Welt unterstützen", fügen sie hinzu.
Rund zwei Drittel des Verdienstunterschiedes lassen sich laut Statistischem Bundesamt auf die Überrepräsentanz von Frauen in schlechter bezahlten Berufen sowie Teilzeit-Anstellungen begründen.
Warum gibt es eine Lohnlücke zwischen Mann und Frau?
Der Gender Pay Gap in Deutschland und im Rest der Welt ist ein komplexes Thema, zu dessen Bestehen (trotz zahlreicher Bemühungen) durch mehrere Faktoren erklärt werden kann und muss.
Zum einen sind Frauen häufig in schlechter bezahlten Berufen überrepräsentiert und in besser bezahlten Berufen unterrepräsentiert. Dieses Ungleichgewicht führt zu einer Konzentration von Frauen in bestimmten Branchen und Berufen, in denen die Löhne niedriger sind. Unbezahlte Betreuungsarbeit (z. B. Kinderbetreuung und Pflege älterer Menschen) ist ein weiterer Faktor, der die Chancen von Frauen auf eine Vollzeitbeschäftigung und besser bezahlte Arbeitsplätze beeinträchtigt.
Außerdem arbeiten Frauen häufiger als Männer in Teilzeit, befristet oder zu Niedriglöhnen. Diese Arbeitsplätze bieten oft weniger Arbeitsplatzsicherheit und weniger Aufstiegsmöglichkeiten, was das Verdienstpotenzial von Frauen einschränken kann.
Abgesehen davon spielen Diskriminierung und Vorurteile ebenfalls eine Rolle beim Fortbestehen der Lohnlücke zwischen Mann und Frau. Frauen werden häufig bei Einstellungen, Beförderungen und Gehaltsentscheidungen diskriminiert, und Studien haben gezeigt, dass Frauen für die gleiche Arbeit oft ein geringeres Gehalt angeboten wird als Männern, selbst wenn diese die gleichen Qualifikationen und Erfahrungen haben. Die gesellschaftlichen Normen, die Frauen davon abhalten, sich durchzusetzen oder Forderungen zu stellen, können ebenfalls dazu beitragen, dass Frauen seltener über höhere Löhne oder Leistungen verhandeln.
Es gibt unterschiedliche Strategien, den Gender Pay Gap zu erforschen und zu bekämpfen. Das Konzept der Intersektionalität ist hierbei besonders hilfreich, um zu verstehen, dass Frauen auch nicht nur aufgrund ihres Geschlechtes benachteiligt werden können, sondern andere soziale Identitäten hierbei auch eine große Rolle spielen.
Solange Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, nicht ihren Anforderungen entsprechend bezahlt werden, ist die Entscheidung vorprogrammiert.
Frauen mit Migrationshintergrund können so aufgrund der kombinierten Auswirkungen von rassistischer und geschlechtsspezifischer Diskriminierung ein größeres Lohngefälle im Vergleich zu weißen Frauen oder Männern mit Migrationshintergrund erfahren erfahren. Auch Frauen mit Behinderungen können aufgrund von Behindertenfeindlichkeit und Diskriminierung mit zusätzlichen Hindernissen auf der Suche nach fairer Beschäftigung konfrontiert sein.
Es ist also auch wichtig den intersektionellen Charakter des Gender Pay Gaps anzuerkennen und anzugehen, denn nur so könnenMaßnahmen und Interventionen entwickelt werden, die besser auf die spezifischen Bedürfnisse und Erfahrungen marginalisierter Gruppen von Frauen zugeschnitten sind.
Geschichte der Lohnlücke zwischen Mann und Frau
Das Bewusstsein für den Gender Pay Gap ist wichtig im Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz. Seit vielen Jahren gibt es nämlich eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Löhnen von Männern und Frauen, die die gleiche oder eine ähnliche Arbeit verrichten.
Der Equal Pay Day ist ein internationaler Aktionstag, der darauf abzielt, die Öffentlichkeit auf den Gender Pay Gap zwischen Männern und Frauen aufmerksam zu machen. In Deutschland wurde der Equal Pay Day im Jahr 2008 vom Netzwerk Business and Professional Women Germany (BPW Germany) initiiert.
Der erste Equal Pay Day in Deutschland wurde am 25. März 2008 begangen. Das Datum des 25. März war in diesem Jahr bedeutsam, weil es die Anzahl der Tage im neuen Jahr symbolisierte, die Frauen arbeiten müssen, um den gleichen Geldbetrag zu verdienen wie Männer im Vorjahr. Mit anderen Worten:
Das Datum des Equal Pay Day in Deutschland ist nicht festgelegt, sondern wird jedes Jahr auf der Grundlage der neuesten Daten zum Lohngefälle zwischen Männern und Frauen berechnet. Im Jahr 2023, fiel dieser Tag auf den 07.März, was bedeutet, dass Frauen umgerechnet vom 1. Januar an quasi über 66 Tage lang unentgeltlich gearbeitet haben.
In den letzten Jahren war der Gender Pay Gap ein wichtiges Thema in der Politik. Viele Kampagnen und Proteste forderten wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung. Auch Gesetze und Verordnungen haben sich weiterentwickelt. Im Laufe der Jahre hat so die Kampagne um den Equal Pay Day viel Aufmerksamkeit in den Medien und in der Öffentlichkeit erlangt, und immer mehr Menschen und Organisationen schließen sich der Sache an, um die Gleichstellung der Geschlechter und eine gerechte Entlohnung für Frauen zu fördern.
In vielen Ländern der Welt wurden mittlerweile Gesetze erlassen, die gleiche Löhne für Männer und Frauen in vergleichbaren Berufen vorschreiben. In Deutschland gibt es so neben dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches ungleiche Bezahlung aufgrund des Geschlechts verbietet, beispielsweise auch das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG), ebenso wie das Mutterschaftsschutzgesetz (MuSchG). Doch trotz dieser Bemühungen und rechtlichen Vorschriften bleibt das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern ein großes Problem.
Um Lohngleichheit zu erreichen, sind konkrete politische Maßnahmen und Strategien erforderlich. Die Regierungen müssen Maßnahmen zur Bekämpfung der Geschlechterdiskriminierung am Arbeitsplatz umsetzen.
Der Erlass solcher Gesetze und staatlichen Maßnahmen zur Überbrückung des Gender Pay Gap ist eine der effektivsten Möglichkeiten, um das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern zu beseitigen. Dazu können Gesetze gehören, die Arbeitgeber dazu verpflichten, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen, steuerliche Anreize für Unternehmen zu schaffen, die gleiche Entgeltpraktiken anwenden, und Unternehmen zu verpflichten, über das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu berichten.
Lösungen zur Bekämpfung des Gender Pay Gap
Neben den Maßnahmen, die Regierungen ergreifen können und sollten, können und sollten auch Unternehmen einen Schritt zur Förderung der Lohngleichheit machen, sei es aus ethischem Bewusstsein, aus Gründen der Menschenwürde oder auch wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Hier sind einige Strategien, die nützlich sein können, um dieses Ziel zu erreichen:
1. Transparenz fördern: Unternehmen können ihre Lohnpolitik und das geschlechtsspezifische Lohngefälle transparenter gestalten. Dazu kann die Veröffentlichung von Durchschnittslöhnen nach Geschlecht und die Förderung der Lohngleichheit innerhalb des Unternehmens gehören.
2. Bildung und Bewusstseinsbildung: Bildung und Bewusstseinsbildung sind der Schlüssel zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen den Geschlechtern. Der Schwerpunkt kann auf der Bedeutung der Lohngleichheit in der Bildung und der Bewusstseinsbildung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern über den Lohnunterschied und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft liegen.
3. Schulungs- und Mentoring-Programme: Schulungs- und Mentoring-Programme können Frauen helfen, ihre Fähigkeiten zu verbessern und Kompetenzen zu erwerben, die ihnen den Zugang zu besser bezahlten Arbeitsplätzen ermöglichen. Mentoring-Programme können Frauen helfen, Kontakte zu knüpfen und wertvolle Berufserfahrungen zu sammeln, die ihnen helfen können, ihre Karriere voranzutreiben.
4. Flexibilität am Arbeitsplatz: Flexible Arbeitsbedingungen können Frauen dabei helfen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen und so das Lohngefälle zu verringern. Dazu können flexible Arbeitszeiten, Fernarbeit und bezahlter Elternurlaub gehören.
5. Sensibilisierungskampagnen und -veranstaltungen: Sensibilisierungskampagnen und -veranstaltungen können dazu beitragen, das öffentliche Bewusstsein für das geschlechtsspezifische Lohngefälle und die Notwendigkeit seiner Beseitigung zu schärfen. Diese Veranstaltungen können Konferenzen, runde Tische, Jobmessen und Workshops umfassen.
Unternehmen, die die Lohnlücke "geschlossen" haben: Multinationale Beispiele
Da das globale Bewusstsein um den Gender Pay Gap gewachsen ist, haben sich immer mehr Unternehmen der Gleichstellungsbewegung angeschlossen. Im Allgemeinen haben diese Unternehmen Vorteile aus der Umsetzung von Entgeltgleichheitsmaßnahmen gezogen, darunter eine höhere Mitarbeiterbindung, eine größere Motivation und Zufriedenheit am Arbeitsplatz und eine größere Vielfalt in der Belegschaft.
Außerdem wurden diese Unternehmen für ihre Lohngleichheitspraktiken anerkannt und haben einen Standard für andere Unternehmen in der Branche gesetzt.
Adobe: Im Jahr 2018 gab das Softwareunternehmen Adobe bekannt, dass es das geschlechtsspezifische Lohngefälle in seinem US-Geschäft geschlossen hat. Das Unternehmen führte eine Studie zur Lohngleichheit durch und stellte fest, dass Frauen im Durchschnitt genauso viel verdienten wie Männer. Adobe hat die Gehälter weiterhin überwacht und angepasst, um die Lohngleichheit aufrechtzuerhalten, und konnte eine höhere Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit am Arbeitsplatz feststellen.
Intel: Im Jahr 2015 gab das Technologieunternehmen Intel bekannt, dass es das geschlechtsspezifische Lohngefälle in seinem US-Geschäft geschlossen hat. Das Unternehmen führte eine Studie zur Lohngleichheit durch und stellte fest, dass Frauen im Durchschnitt das gleiche Gehalt verdienen wie Männer. Außerdem hat Intel Richtlinien zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit im Unternehmen eingeführt und eine größere Vielfalt in der Belegschaft festgestellt.
Patagonia: 2016 führte die Bekleidungsmarke Patagonia eine Studie zur Lohngleichheit durch und stellte fest, dass Frauen im Unternehmen im Durchschnitt 20 % weniger verdienten als Männer. Das Unternehmen beschloss, das Lohngefälle zu beseitigen und investierte 1 Million Dollar, um die Gehälter der weiblichen Beschäftigten anzupassen. Außerdem hat Patagonia Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit im Unternehmen eingeführt und konnte eine bessere Mitarbeiterbindung und eine größere Vielfalt in der Belegschaft feststellen.